08.01.2021
Produkte, auf denen das FairTrade Symbol ist, gehören inzwischen zum Alltagsbild eines jeden Supermarktes. Auch in vielen Medien, oft im Zusammenhang mit anderen Gerechtigkeitsthemen taucht der Begriff Fairer Handel immer wieder auf. Der Faire Handel ist eine Handelspartnerschaft, die sich durch Dialog, Transparenz und Respekt auszeichnet. Das Ziel, mehr Gerechtigkeit in den globalen Handel zu bringen, soll durch stabile Handelsbeziehungen und die Sicherung sozialer Rechte für Arbeiter*innen und Produzent*innen erreicht werden. Wie genau dies im Fairen Handel umgesetzt wird, schauen wir uns später an. Zunächst möchten wir einen Blick darauf werfen, wie die Bewegung entstanden ist und sich in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat.
Um 1960, als soziale Bewegungen einen Umbruch in den unterschiedlichsten Bereichen für eine gerechtere Gesellschaft kämpften, entwickelte sich vielerorts auch der Wunsch nach mehr Gerechtigkeit im wachsenden internationalen Handel. Die Kritik an Großunternehmen und deren Handelspraktiken in der freien Marktwirtschaft wurde lauter. So entstand mehr oder weniger parallel in den USA, den Beneluxstaaten und Großbritannien die Idee eines fairen Handels. Die Bewegung kam in den unterschiedlichen Regionen langsam ins Rollen, indem sich Menschen zu Gruppen zusammenschlossen und Vereine gründeten, die nicht nur politisch aktiv waren, sondern auch Produkte aus dem globalen Süden anboten. Mit der Entstehung der ersten Fair-Handels-Bewegungen formierten sich drei wesentliche Ziele, die bis heute noch von großer Relevanz sind.
1. Unterstützung der Produzent*innengruppen
2. Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Länder des globalen Südens
3. Veränderung des Verbraucher*innenverhaltens hin zu einem sozialen und gerechteren Konsum
In Deutschland engagierten sich um 1970 hauptsächlich konfessionelle Jugendverbände für eine gerechte Handelspolitik. Hungermärsche wurden abgehalten und es wurde begonnen, Handwerkswaren aus dem Globalen Süden auf Märkten oder in Kirchegemeinden zu vertreiben. Bald darauf entstanden auch in Deutschland die ersten Weltläden mit einem festem Standort.
Die Weltladenbewegung hat ihren Ursprung also hauptsächlich in kirchlichen Kreisen, auch der Eine Welt e.V. in Halle wurde durch junge Menschen der Studierendengemeinde gegründet. Zwar gibt es immer noch zahlreiche Kooperationen mit Kirchen und kirchlichen Einrichtungen, doch auf Anhieb lässt sich dieser kirchliche Ursprung im Team und der Arbeit unseres Vereins kaum noch erkennen.
Ein Merkmal, das die meisten Weltläden nach wie vor prägt, ist die ehrenamtliche Arbeit. Die meisten Vereine und ihre Geschäfte arbeiten auf freiwilliger Basis demokratisch zusammen. Wie auch bei uns in Halle gibt es in einigen Weltläden auch entlohnte Arbeitsstellen, z.B. für spezielle Aufgabenbereiche. Ohne den tatkräftigen Einsatz von Ehrenamtlichen wäre die Weltladenbewegung jedoch nicht denkbar.
Gerade weil die Bewegung aus vielen kleinen Vereinen und Gruppierungen besteht, gibt es seit 1975 den Weltladen Dachverband, der nicht nur bei der Ladenorganisation, Vernetzung, Weiterbildungen und Problemen unterstützend zur Seite steht. Durch den Dachverband werden die Interessen der Weltladenbewegung gebündelt und nach außen vertreten.
Auch über die Weltläden hinaus gibt es breit ausgebaute Organisationen und Netzwerke im Fairen Handel. 1987 gründeten einige Importeure die Europäische Fairhandelsorganisation EFTA. Zwei Jahre später entstand der Weltverband alternativer Importorganisationen IFAT, welcher mittlerweile als World Fairtrade Organisation WFTO agiert. 1992 gründete sich die Organisation TransFair e.V. mit Sitz in Köln. TransFair e.V. ist heute als Fairtrade Deutschland aktiv und gehört zu Fairtrade International.
Die Entwicklung des Fairen Handels zeigt, dass sich die Bewegung über die letzten Jahrzehnte stark vernetzt und professionalisiert hat. Vor allem die Entwicklung von fairen Labels und Siegeln, und damit auch die Ausweitung auf den konventionellen Einzelhandel hat dem Absatz im Fairen Handel Rückenwind gegeben.
Im Jahr 2019 gaben Menschen in Deutschland 1,85 Milliarden Euro für Produkte aus Fairem Handel aus, was im Schnitt 22,23 Euro/Kopf jährlich entspricht. Doch wo werden fair gehandelte Produkte hauptsächlich verkauft?
Mit 80% des Gesamtumsatzes von fair Gehandeltem sind jene Produkte Spitzenreiter, die mit Fair-Handels-Siegeln gekennzeichnet sind und in Großhandelsketten vertrieben werden. Die anerkannten Fair-Handels-Unternehmen (z.B. Gepa, El-Puente), welche seit einiger Zeit auch in Supermärkten erhältlich sind, erwirtschaften ca. 8% des Gesamtumsatzes. In den ca. 800 Weltläden und Weltgruppen Deutschlands wurde 2019 einen Umsatz von 83 Millionen Euro erzielt - das macht 6% des Gesamtumsatzes von fair gehandelten Produkten aus. Das klingt erstmal nach nicht viel, aber der Umsatz von Weltläden hat sich innerhalb der letzten sieben Jahre verdreifacht.
Durch diese Zahlen wird deutlich, dass der Faire Handel in den letzten Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung gewonnen hat und nicht ohne Grund, für viele Menschen ein bekannter Begriff ist. Aus der Idee von Gerechtigkeit für Länder des globalen Südens sind im Laufe der Jahre durchdachte Strukturen entstanden die in wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Bereichen, nicht zuletzt durch ihre Akteur*innen, wirken.
Quellenverweise:
Forum Fairer Handel: "Geschichte"; "Zahlen und Fakten"
Weltladen Dachverband: "Daten und Fakten zu Weltläden"; "Wie alles begann..."
Charta des fairen Handels